Corona-Reiserestriktionen für Paare außerhalb einer „ordnungsgemäß bescheinigten“ Lebenspartnerschaft/Ehe

Apr 9, 2021 | Parlamentarische Anfragen

Laut den von der Kommission formulierten Ausnahmen von coronabedingten Reisebeschränkungen „muss ein Mitgliedstaat die Einreise von unverheirateten Lebenspartnern, mit dem der Unionsbürger eine „ordnungsgemäß bescheinigte dauerhafte Beziehung eingegangen ist“, erleichtern.“[1] Diese Regelung hat jedoch keinen Einfluss auf langjährige dauerhafte Partnerschaften, die nicht „ordnungsgemäß bescheinigt“ wurden, beispielsweise aus Brasilien.

1. Wieso sind dauerhafte Partnerschaften nur deshalb von der Ausnahmeregelung ausgenommen, weil sie nicht „ordnungsgemäß bescheinigt“ sind?

2. Was gedenkt die Kommission zu tun, um in einer solchen Partnerschaft lebenden Paaren ein baldiges Wiedersehen zu ermöglichen, ohne dabei eine Präzedenz für andere Rechtsakte zu schaffen, berücksichtigend, dass die Pandemie bereits seit über einem Jahr besteht und aktuell – aufgrund des Versagens der Kommission in Bezug auf die Beschaffung ausreichender Impfdosen – kein Ende der laut den politischen Entscheidungsträgern weiterhin notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus absehbar ist?

3. Wie bewertet die Kommission, dass nicht in „ordnungsgemäß bescheinigten“ Lebenspartnerschaften lebende Partner von einer Einreise in die EU derzeit ausgeschlossen sind, wenn gleichzeitig die Außengrenzen für Migranten und Flüchtlinge offen stehen, deren Gesundheitsstatus unbekannt ist und die darüber hinaus – im Gegensatz zu den nicht in „ordnungsgemäß bescheinigten“ Lebenspartnerschaften lebenden Partnern – nicht einmal einen negativen PCR-Test vorlegen können?

[1] https://ec.europa.eu/info/live-work-travel-eu/coronavirus-response/travel-during-coronavirus-pandemic/exemptions-coronavirus-travel-restrictions_de

Antwort von Didier Reynders im Namen der Europäischen Kommission

6.7.2021

Seit Beginn der Pandemie ist die Kommission bemüht, die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern.

Die Empfehlung (EU) 2020/912 des Rates zur vorübergehenden Beschränkung nicht unbedingt notwendiger Reisen in die EU[1] enthält eine Liste von Drittländern, die von der vorübergehenden Beschränkung nicht betroffen sind[2].

In Nummer 5 der Empfehlung wird auf Familienangehörige von Unionsbürgern sowie auf Artikel 2 und 3 der Richtlinie 2004/38/EG[3] Bezug genommen. In einer Mitteilung der Kommission[4] sind Hinweise zum Begriff Familienangehörige enthalten.

Wenn ein Unionsbürger sein Recht auf Freizügigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt hat, sollte dieser Mitgliedstaat nach Maßgabe seiner nationalen Rechtsvorschriften die Einreise des Lebenspartners, mit dem der Unionsbürger eine ordnungsgemäß bescheinigte dauerhafte Beziehung eingegangen ist, erleichtern. Solche Partner könnten zur Vorlage schriftlicher Nachweise aufgefordert werden.

Wenn ein Unionsbürger sein Recht auf Freizügigkeit nicht ausgeübt hat (und die Richtlinie somit nicht anwendbar ist), fällt die Einreise von Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von EU-Bürgern sind, unter nationales Recht. In der Empfehlung wird jedoch festgehalten, dass die Mitgliedstaaten solche Familienangehörigen wie Angehörige mobiler EU-Bürger behandeln sollten. Möglicherweise müssen Nachweise vorgelegt werden.

In beiden Fällen unterliegt die Bewertung der Nachweise dem nationalen Recht.

Am 21. Mai 2021 hat der Rat die Empfehlung 2020/912 geändert, um den Fortschritten bei den Impfungen weltweit Rechnung zu tragen. Je nach epidemiologischer Situation sollten Geimpfte in die EU reisen dürfen. Dazu gehören auch Personen, die mit einem EU-Bürger oder langfristig Aufenthaltsberechtigten eine Beziehung eingegangen sind, auch wenn diese Beziehung von dem betreffenden Mitgliedstaat nicht als dauerhaft eingestuft wird. Der Zugang zu internationalem Schutz in der Europäischen Union wird weiterhin im Einklang mit den Rechtsvorschriften der EU und dem Völkerrecht garantiert.

[1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32020H0912
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32021H0132

[2] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32021H0089

[3] Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 77).

[4] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52020DC0686&from=DE