Zwischen dem 3. und 9. August 2020 wurden auf Kreta Dutzende Migranten (49 Männer, 14 Frauen) mit falschen Pässen von der Polizei festgenommen, die damit weiter nach Westeuropa, vor allem Deutschland und Italien, reisen wollten [1] .
Das ist kein Einzelfall, denn schon 2016 wurde eine Schleuserbande festgenommen (10 Männer, 1 Frau) [2] , und auch 2018 wurde die Zerschlagung eines Schleuserrings gemeldet, der im Verdacht stand, über 3000 Migranten mit falschen Pässen in die EU geschmuggelt zu haben [3] .
1. Inwiefern reagiert die Kommission auf diese Taten und kann ihre Unterstützung für die griechischen Behörden bei der Sicherung der Außengrenzen und gegen die Schleusung von Menschen – auch innerhalb der EU – verstärken, zumal in diesem Zusammenhang immer wieder von Kreta die Rede ist?
2. Wie viele Personen unternahmen seit 2016 den Versuch, mit gefälschten Papieren in die EU einzureisen?
3. Wie wurde im Anschluss an die Festnahme mit den festgenommenen Schleusern sowie den Personen, die mit den durch die Schleuser beschafften, gefälschten Papieren in die EU einreisen wollten, verfahren? Kam es zu Verurteilungen, Gefängnisstrafen oder Abschiebungen?
[1] https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/internationale-politik/id_88380388/griechenland-dutzende-migranten-mit-falschen-paessen-festgenommen-.html
[2] https://www.t-online.de/nachrichten/id_79421388/schleuserbande-auf-kreta-hochgegangen.html
[3] https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_84393734/mehr-als-3-000-fluechtlinge-geschleust-polizei-auf-kreta-zerschlaegt-grossen-schleuserring.html
Antwort von Ylva Johansson im Namen der Europäischen Kommission
6.11.2020
Die Prävention und Bekämpfung der Schleuserkriminalität steht im Mittelpunkt eines starken und umfassenden Ansatzes der EU für die Migrationssteuerung. Seit 2018 werden über das Exzellenzzentrum zur Bekämpfung von Dokumentenbetrug bei der Europäischen Agentur für die Grenz‐ und Küstenwache (Frontex) zentralisiert Informationen zum Dokumentenbetrug ausgetauscht. Darüber hinaus wird das Netz von Verbindungsbeamten für Zuwanderungsfragen die Konsularbehörden durch Maßnahmen zur Bekämpfung von Dokumentenbetrug unterstützen[1].
Im Fall von Griechenland bietet die Regionale Task-Force der EU eine Plattform für den Informationsaustausch und die Koordinierung der operativen Hilfe, die die Kommission und die EU-Agenturen den griechischen Behörden bieten. Dadurch wird eine bessere Koordinierung der strafrechtlichen Ermittlungen gegen Schleusernetze ermöglicht[2].
Die Anzahl der Drittstaatsangehörigen, die seit 2016 bei der Einreise in die EU oder den Schengen-Raum mit gefälschten Dokumenten an Grenzübergangsstellen aufgegriffen wurden, beläuft sich insgesamt auf 23 311[3]. Der Schleusung von Migranten verdächtigte oder beschuldigte Personen werden nach ihrer Festnahme von dem zuständigen Mitgliedstaat strafrechtlich belangt[4]. 2018 meldete Griechenland 1 653 Personen, die verdächtigt wurden, Beihilfe zur unerlaubten Ein‐ oder Durchreise zu leisten[5]. Versuchen Migranten, mit gefälschten Dokumenten in die EU einzureisen, so muss, unbeschadet der Möglichkeit, Asyl zu beantragen, die Einreise verweigert oder ein Rückkehrverfahren gemäß der Richtlinie 2008/115/EG eingeleitet werden[6].
Die Kommission hat im Europäischen Migrations‐ und Asylpaket[7] für 2021 die Annahme eines neuen EU-Aktionsplans gegen die Schleusung von Migranten für den Zeitraum 2021-2025 angekündigt . Dadurch werden der Austausch operativer Informationen und die Kooperation zwischen den Strafverfolgungsbehörden der EU bei der Ermittlung gegen Schleusernetzwerke und ihrer strafrechtlichen Verfolgung, auch im Bereich Dokumentenbetrug, verstärkt.
[1] ABl. L 198 vom 25.7.2019, S. 88. Der Entwurf des Arbeitsprogramms des Netzes von Verbindungsbeamten für Zuwanderungsfragen wird derzeit in dessen Lenkungsausschuss erörtert. Seit 2015 hat die Kommission die Schulung von 162 Konsularbeamten durch Workshops zur Bekämpfung von Visumbetrug gefördert. Außerdem veranstaltete Frontex 17 Workshops für Personal von EU-Mitgliedstaaten und assoziierten Schengen-Länder, die in Drittländern arbeiten. Diese Workshops wurden unter Abstimmung mit den EU-Delegationen organisiert; mehr als 500 Beschäftigte aus dem Bereich der Visaerteilung nahmen teil. Die Agentur der Europäischen Union für die Aus‐ und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (CEPOL) hat die Analyse des Schulungsbedarfs im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Migrantenschleusung im zweiten Quartal 2019 abgeschlossen. Dabei wurde der Schulungsbedarf von Strafermittlern, Grenzschutzpersonal, mit Visumangelegenheiten befasstem bzw. konsularischem Personal, Richtern und Staatsanwälten sowie Verbindungsbeamten für Zuwanderungsfragen analysiert, auch in Bezug auf die Bekämpfung von Dokumentenbetrug. Mit dieser Analyse wird die Entwicklung der Schulungsmaßnahmen der Agentur gefördert.
[2] Frontex , die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung ( Europol), das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen und die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen ( Eurojust). Die Regionale Task-Force der EU beteiligt sich ebenfalls an der Identifizierung, der Registrierung, der Asylunterstützung und der Rückkehr bzw. Rückführung.
[3] 2016: 5863, 2017: 5585, 2018: 5241, 2019: 5145 und 2020 (Stand 23. September 2020): 1477 (Quelle: Frontex).
[4] Eine gemeinsame Definition der Straftat Beihilfe zur unerlaubten Ein‐ und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt wird mit der Richtlinie 2002/90/EG ( ABl. L 328 vom 5.12.2002 ) festgelegt, während mit dem Rahmenbeschluss 2002/946/JI (ABl. L 328 vom 5.12.2002) der strafrechtliche Rahmen zu deren Bekämpfung durch Mindestvorschriften für Strafen verstärkt wird. Diese beiden Instrumente ergänzen einander und werden auch als „Schleuser-Paket“ bezeichnet.
[5] Statistiken zur Strafverfolgung der Beihilfe zur unerlaubten Ein‐ und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt werden Eurostat von den Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis zur Verfügung gestellt. Für Griechenland beziehen sich die jüngsten verfügbaren Daten auf das Jahr 2018. 2018 wurden 2001 Personen wegen Beihilfe zur unerlaubten Ein‐ oder Durchreise (1905) oder zum unerlaubten Aufenthalt (96) inhaftiert.
[6] ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98.
[7] COM(2020) 609.