Auf der spanischen Inselgruppe der Kanaren ist die Zahl ankommender Migranten laut der Organisation Internationales Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD) um 900 Prozent gestiegen. Die Flüchtlingsroute über Tunesien erlebte einen Zuwachs von 155 Prozent, die Westbalkanroute einen Zuwachs von 105 Prozent. Als Beispiele für die Herkunftsländer werden Tunesien, Marokko, Ägypten und Mauretanien genannt[1]. Es ist offensichtlich, dass die Migranten illegal und als Wirtschaftsmigranten zu definieren sind.
1. Wie gedenkt die Kommission auf diese Veränderungen zu reagieren, zumal die Gesundheitssysteme der EU trotz aller Probleme in Zeiten der COVID-19-Pandemie einen Pull-Faktor darstellen und daher weitere illegale Migranten, auch aus Südamerika, anziehen dürften?
2. Wie viele Mitglieder der laut dem Migrations- und Asylpaket bis zum 1. Januar 2021 zur Verfügung stehenden 10 000 Mann starken Frontex-Truppe befinden sich aktuell auf den Kanaren (Spanien), auf Zypern sowie auf der Westbalkanroute, um die lokalen Behörden hinsichtlich der dort ankommenden Massen illegaler Migranten zu unterstützen?
3. Wie gedenkt die Kommission die illegalen Migranten wieder in ihre Heimatländer zurückzuführen, wenn die Migranten ohne Pass oder sonstige Papiere zur Identitätsfeststellung in der EU ankommen?
[1] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/illegale-einwanderung-pandemie-verstaerkt-migrationsdruck-auf-eu/26849748.html
Antwort von Ylva Johansson im Namen der Europäischen Kommission
17.5.2021
Während der COVID-19-Pandemie blieb die Schleusung von Migranten aufgrund der anhaltenden Nachfrage nach Schleuserdiensten eine zentrale Aktivität krimineller Gruppen.[1] Im neuen Migrations‐ und Asylpaket[2] kündigte die Kommission einen EU-Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten für den Zeitraum 2021-2025 an, der 2021 angenommen werden soll. Der Aktionsplan wird sich auf die Bekämpfung organisierter krimineller Netzwerke konzentrieren und im Einklang mit der EU-Strategie für die Sicherheitsunion[3] die Zusammenarbeit zwischen der EU und Drittländern im Rahmen gezielter Partnerschaften gegen die Schleuserkriminalität[4] fördern.
In der Woche vom 15. März 2021 wurden 43 Beamte der Europäischen Grenz‐ und Küstenwache auf die Kanarischen Inseln (Spanien) entsandt.[5] Zum 22. März 2021 wurden sechs Beamte der ständigen Reserve von Frontex nach Zypern entsandt.[6] In der Woche vom 22. März 2021 wurden im Rahmen der verschiedenen Frontex-Operationen im westlichen Balkan 371 Bedienstete in die Region entsandt.
Das neue Migrations‐ und Asylpaket umfasst Maßnahmen zur Erhöhung der Zahl der Rückführungen, insbesondere durch die Schließung von Schlupflöchern zwischen Asyl‐ und Rückkehrverfahren — unter anderem durch ein Grenzverfahren an den Außengrenzen und durch die Neufassung der Rückführungsrichtlinie[7]. Der geänderte Vorschlag für die Asylverfahrensverordnung[8] sieht vorbehaltlich einer Reihe von Ausnahmen, insbesondere in Bezug auf die besondere Situation schutzbedürftiger Antragsteller, eine obligatorische Anwendung des Grenzverfahrens vor. Es wird angewendet, wenn der Antragsteller die Behörden getäuscht hat, indem er falsche Angaben oder Dokumente vorgelegt oder relevante Informationen über Dokumente in Bezug auf seine Identität oder Staatsangehörigkeit zurückgehalten hat, oder wenn der Antragsteller als Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung angesehen werden kann.[9] Die Umsetzung des Mandats von Frontex in Bezug auf Rückführungen und Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit Drittstaaten, auch bei der Identifizierung und Wiedereingliederung, wird ebenfalls dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.
[1] Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität 2021 (Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol)).
[2] COM(2020) 609.
[3] COM(2020) 605.
[4] Beispielsweise im Rahmen von Folgemaßnahmen der Ministerkonferenz zur Bekämpfung der Schleusung von Migranten vom 13. Juli 2020 zwischen der EU (Konferenzteilnehmer: Innenminister Italiens (Vorsitz), Frankreichs, Deutschlands (als Ratsvorsitz), Maltas und Spaniens und Kommission) und fünf Partnern aus Nordafrika (Konferenzteilnehmer: Innenminister Algeriens, Libyens, Mauretaniens, Marokkos und Tunesiens).
[5] Diese Zahl umfasst Bedienstete der Europäischen Agentur für die Grenz‐ und Küstenwache (Frontex) und der Mitgliedstaaten im Rahmen der gemeinsamen Operation „Kanarische Inseln“; 22 Bedienstete wurden nach Las Palmas de Gran Canaria, 12 nach Teneriffa und 9 nach Fuerteventura entsandt.
[6] Im Rahmen der gemeinsamen Operation „Zypern“. Der Umsetzungszeitraum für die gemeinsame Operation „Zypern“ beginnt am 27. Januar 2021 und endet am 26. Januar 2022.
[7] COM(2018) 634.
[8] COM(2020) 611 final.
[9] In dem geänderten Vorschlag wird ferner vorgeschlagen, ein Grenzverfahren für die Rückführung von illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen einzuführen und anzuwenden, deren Antrag auf internationalen Schutz im Asylverfahren an der Grenze abgelehnt wurde.